Glocken sind mehr als ein kirchliches Instrumentarium.
Glocken sind auch mehr als nur ein Stundenanzeiger.
Glocken gestalten die öffentliche Zeit und unterteilen den Tageslauf.
Glocken geben dem Wochenverlauf ihre Ordnung.
An dem Ort, an dem man groß geworden ist, sind einem die Zeiten, wo geläutet worden ist, in Fleisch und Blut übergegangen.
Genauso ergeht es dem, der schon lange in der Hörweite einer Kirche wohnt.
Glocken strukturieren den Lebensalltag und geben ihm ein Gerüst.

St. Märgen hat sieben Glocken zur Verfügung – St. Peter fünf und eine zusätzliche Taufglocke auf dem Hahnenturm.
Geläutet wird von Gemeinde zu Gemeinde zu unterschiedlichen Uhrzeiten.
In St. Peter wird morgens um halb sieben, um zwölf Uhr mittags und um halb sieben am Abend geläutet.
In St. Märgen dagegen wird erst um sieben am Morgen und schon um sechs am Abend geläutet; mittags ist es gleich.
In manchen Gemeinden wird am Mittag schon um 11.00 Uhr geläutet. Man erzählt sich, damit die Frauen vom Feld zur Vorbereitung des Mittagessens nach Hause gerufen werden.
Das Läuten zu den drei Tageszeiten strukturiert nicht nur den Tagesrhythmus, sondern die Dauer des Läutens entspricht dem Gebet des „Engel des Herrn“.

Hier die Übersicht, wann wo wie und warum hier in St. Märgen und St. Peter geläutet wird – hier.

Wenn in meinem Geburtsort, Oberwolfach, am Samstagnachmittag um 15.00 Uhr die Glocken läuten, dann wird nicht nur der Sonntag „eingeläutet“, mehr noch, es stellt sich bei mir bis heute ein Sonntagsgefühl ein. Weil rund ums Haus aufgeräumt wurde, man das wöchentliche Bad nahm und der Sonntagskuchen gebacken wurde, dessen Duft das ganz Haus erfüllt hat.

Oft hört man schon am Unterschied der Glocke, dass jeweils ein anderes Ereignis ansteht: bei der Kindertaufe die Taufglocke, beim Heimgang eines Menschen die Totenglocke. Im Seitental Rohr in St. Peter läuten nach dem Sterben eines Bewohners alle Hofglocken dieses Tales. Ein jeweils einmaliges und eindrückliches Erlebnis.

Von diesem Einzelgeläut, wenn also nur eine Glocke geläutet wird und diese ein bestimmtes Ereignis „verkündet“, unterscheidet sich das Läuten zur Einladung zu den Gottesdiensten. Hier werden immer mehrere Glocken geläutet bis hin zum Vollgeläut zu Festgottesdiensten.

Hier geht es zum Vollgeläut von St. Peter und zum Geläut der größten St. Petermer Glocke.
Hier geht es zum Vollgeläut von St. Märgen und zum Geläut der größten St. Märgener Glocke
Aufgenommen von Diakon Hanspeter Schmider.

Am nachhaltigsten hat sich in Kultur, in Dichtung und Brauchtum das Abendläuten eingeprägt. Die Glocke am Abend erklang als Einladung zum häuslichen Abendgebet. Der Abend war immer schon Symbol für den Übergang vom Leben in den Tod. So heißt es in einem alten Gebet zum Abendläuten vermutlich aus dem 17. Jahrhundert: „Liebster Mensch, was mag’s bedeuten, dieses späte Abendläuten? Es bedeutet abermals eines Tages Glück und Zahl. Dieser Tag hat abgenommen, bald wird auch der Tod herkommen. Drum, o Mensch, so schicke dich, dass du sterbest seliglich.“ Aufgenommen ist dieses Thema im Gotteslob-Lied Nr. 841: „Meine Zeit steht in deinen Händen.“

Doch die Glocke am Abend war immer auch ein Alarmzeichen für die Kinder und Jugendlichen, Spiel und Spaß zu lassen und nach Hause zu gehen. In St. Märgen wurde aus diesem Urgrund eine Fasnachtsfigur geschaffen, der „Betzitglunki“. „Die Geschichte des Betzitglunki“, so schreiben sie, „geht auf eine Sagengestalt zurück, mit der Eltern ihren Kindern Angst machen wollten, wenn sie abends nicht vor dem „Angelusläuten“ (der Zeit des Abendgebetes = Betzit) zuhause waren. „Kumme jo di recht Zit heim, schonscht holt euch de Betzitglunki.“ So oder so ähnlich hörte es sich an, wenn die Kinder zum Spielen rausgingen und die Eltern nicht wollten, dass Ihre Kinder zu spät nach Hause gingen.“

Zum Schluss noch ein Glockenkenner-Tipp:
Auf der Homepage der Erzdiözese Freiburg findet sich eine Übersicht über das Geläut und die Glocken in der Erzdiözese.
Natürlich auch die von St. Peter, St. Märgen und der Ohmenkapelle. Hier geht es zum Link: Glockensuche Erzdiözese Freiburg